Xäls-Genossenschaft
Die allermeisten von Ihnen werden es natürlich wissen: Vor fast 28 Jahren wurde von meiner Frau und mir Der Marktladen gegründet, auf Initiative und unterstützt von neun Bioland-Landwirten aus der Region Neckar-Alb. Seither hat sich viel getan! Wir konnten die Vermarktung regionaler Produkte stark ausbauen und beziehen mittlerweile von fast 60 Betrieben „aus’m Ländle“ Bio-Lebensmittel. In unserem neuen „Infoblättle“ stellen wir Ihnen 36 von ihnen etwas näher vor. Diese Betriebe sind zum größten Teil mengenmäßig nicht in der Lage oder nicht willens, die großen Handelsstrukturen (Bio-Supermarktketten oder konventionelle Handelskonzerne) zu beliefern. Für viele von ihnen ist die Zusammenarbeit der Bio-Verbände mit den großen Handelsketten mittelfristig existenzbedrohend. Wenn sich der Strukturwandel im Naturkosthandel so rasant weiterentwickelt, wie sich dies in den beiden letzten Jahren andeutet, dann wird es in spätestens 10 Jahren keine nennenswerten Einzelhandelsstrukturen mehr geben, die als Partner der regionalen Erzeuger und Verarbeiter fungieren können. Und das wird alles radikal verändern – auch für Sie als VerbraucherInnen! Denn dadurch wird die regionale Erzeugung und Verarbeitung, also die regionale Wertschöpfung, grundlegend in Frage gestellt.
Ein großer Teil der Bio-Bauern, -Gärtner und -Verarbeiter hat, genauso wie wir vom Marktladen, eine vollkommen andere Vorstellung von Bioland- oder Demeter-Anbau und auch eine gänzlich andere Vorstellung von Regionalität. Viele von uns sind der Überzeugung, dass eine funktionierende Zukunft aus einer flächendeckenden, bäuerlichen Landwirtschaft sowie einer regionalen Vermarktungsstruktur bestehen muss. Nach dem Edeka-Deal mit dem Geschäftsführer von Bioland Baden-Württemberg hatte ich diesen gefragt, für wie viel Prozent der Bioland-Betriebe eine solche Kooperation denn zukunftssichernd sei. Diese Frage wurde mir bis heute nicht beantwortet. Was die großen Handelskonzerne unter „bio“ und „regional“ verstehen, sind große Betriebe mit einem hohen Technik- und Energieeinsatz und der Spezialisierung auf nur wenige (Mono-) Kulturen. Es geht nicht um flächendeckende Landwirtschaft, es geht nicht um regionale Kreislaufwirtschaft und es geht auch nicht um eine vielfältige Fruchtfolge in den Betrieben.
Aber wir sind deshalb weder mut- noch tatenlos. Im Gegenteil, wir sind vielmehr fest entschlossen, den Lauf der Dinge nicht den fünf Lebensmittel-Großkonzernen zu überlassen. Deshalb haben wir seit drei Jahren mit KollegInnen an der Idee und dem Konzept einer regionalen Genossenschaft gearbeitet und jetzt ist es endlich soweit: Wir haben am 8. August diesen Jahres Xäls – ökologische Genossenschaft Neckar-Alb gegründet. Wir suchen nicht den Schulterschluss mit den Lebensmittelketten, sondern suchen unsere Verbündeten in Ihnen, den Konsumentinnen und Konsumenten in der Region! Nicht der konventionelle Handel ist unser natürlicher Partner, sondern Sie – zur Sicherung und Stärkung einer regionalen und ökologischen Wirtschaftsweise.
Nachdem in den letzten Jahren bereits der Bauernverband vor einem rasanten Strukturwandel im ländlichen Raum, die Innungen der Lebensmittelverarbeiter vor einem massiven Rückgang handwerklicher Lebensmittelverarbeitung, die Umwelt-Verbände vor Artensterben und Umweltvergiftung und die Verbraucher-Verbände vor Lebensmittel-Skandalen und Rückständen in Lebensmitteln gewarnt haben, war die Gründung einer regionalen Genossenschaft für uns die logische Konsequenz daraus. Wir möchten dem allgemeinen Trend des Betriebssterben entgegenwirken, indem wir auch Klein- und Kleinstbetrieben mit fairen Preisen und sicheren Produktabnahmen die Möglichkeit bieten, gesunde Lebensmittel so zu produzieren, dass Landflächen und Artenvielfalt auch für nachfolgende Generationen erhalten bleiben und gleichzeitig ihre eigene Existenz gesichert ist. Damit steigern wir die Attraktivität für die Weiterführung des (elterlichen) Betriebs durch junge Menschen, die darin bisher keine Perspektive gesehen haben. Außerdem schaffen wir zusätzliche Arbeitsplätze und sorgen für kürzere Transport- und Einkaufswege.
Für Sie als VerbraucherInnen ist leichter nachvollziehbar, wo denn die Produkte, die in den Naturkostfachgeschäften unserer Genossenschaft angeboten werden, herkommen und unter welchen Bedingungen diese erzeugt wurden. Wir möchten sicherstellen, dass beispielweise die Fleisch- und Wurstprodukte unserer Metzgereien frei von multiresistenten Keimen bleiben und das Wohl der Tiere gewährleistet wird. Die Wertschöpfung verarbeiteter Produkte geschieht ebenfalls vor Ort, soweit diese denn hier im Ländle hergestellt werden können.
Und wer Geld sinnvoll, nachhaltig und regional investieren möchte, dem soll das mit dieser Genossenschaft ab sofort auch möglich sein. Die Xäls-Genossenschaft agiert nämlich zusätzlich als selbstständiges Unternehmen. Dadurch ist sie unabhängig von Investoren, die an der Höhe ihrer Rendite ein größeres Interesse haben als an Naturschutz und einer regionalen Nahversorgung.
Wir möchten nicht in Konkurrenz mit anderen, regionalen Naturkostfachgeschäften treten, wenn wir doch eigentlich dieselben Ziele verfolgen. Wir möchten, dass alle Erzeuger, Verarbeiter und Händler, die wie wir für gesunde Lebensmittel in einer gesunden Umwelt stehen, zusammenarbeiten anstatt neben- oder sogar gegeneinander.
LandwirtInnen, Lebensmittel-HandwerkerInnen, selbstständige EinzelhändlerInnen und VerbraucherInnen gehören an einen Tisch!
In einem Beratungsgespräch mit dem Genossenschaftsverband Stuttgart hat es der zuständige Mitarbeiter übrigens so ausgedrückt: „Ich habe in den vielen Jahren meiner Arbeit schon manches an Genossenschaftsideen gesehen, aber noch nie eine, die darauf abzielt, Kooperation und nicht Konkurrenz im Lebensmittelbereich zu organisieren.“ Genau das ist unsere Idee.
Mehr Infos zu Xäls gibt es auf der Website der Genossenschaft: www.xaels.de