Klimawandel beim Klimawandel
Klimawandel I
Der Klimawandel ist mitten unter uns angekommen. Die Zeichen stehen auf Sturm. Auch in der gesellschaftlichen Debatte ändert sich das Klima. Der Ton wird rauer, wenn es um den Klimawandel geht. Dabei gibt es keinerlei Gründe zur Verharmlosung. Das zeigen allein die
Meldungen der letzten Monate:
Meldung vom 22. November 2018 in der Süddeutschen Zeitung Online:
„Ein Land vertrocknet“ heißt es in dem Artikel. Es geht um die rasant schmelzenden Gletscher in den westlichen Bergregionen von China. „In keiner Region der Welt werden die Folgen des Klimawandels so drastisch sein – 1,8 Milliarden Menschen in Asien sind vom Wasser aus dem Hochgebirge abhängig. Wegen der 48.000 Gletscher wird die Region in Westchina auch als „dritter Pol“ bezeichnet.“
Meldung vom 4. Januar 2019 vom Focus Magazin Online:
Unter der Überschrift „Viel Wind, viel Sonne“ wird berichtet: „Auch wenn hierzulande immer mehr Ökostromkraftwerke entstehen, gehe der Ausbau nicht schnell genug, um das von der Bundesrepublik gesteckte 65-Prozent-Ziel bis 2030 zu erreichen“.
Meldung vom 20. Januar 2019 in der Süddeutschen Zeitung Online:
2018 ist der weltweite Ausstoß von CO2 erstmals nach Jahren wieder gestiegen. Die Klimaschutzziele der Bundesregierung sind nicht mehr einzuhalten. Besonders der Verkehrsbereich kommt nicht voran. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes war der Autoverkehr in Deutschland 2017 für die Emission von 115 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich – 6,4 Prozent mehr als 2010. Entsprechend urteilt Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup: „Seit 1990 kommt der Verkehr beim Klimaschutz nicht vom Fleck.“
Meldung vom 1. Februar 2019 auf Spiegel Online:
„Australien erlebt heißesten Januar seit Messbeginn“. In Port Augusta wurde am 24. Januar ein Rekordwert von 49,5 Grad gemeldet. 2018 war in Australien das drittheißeste Jahr seit 1910. Für den obersten Klimaforscher der staatlichen Meteorologie-Behörden besteht kein Zweifel, dass dies Auswirkungen des globalen Klimawandels sind.
Meldung vom 27. Februar 2019 in den Tagesthemen:
Der Deutsche Wetterdienst gab die Werte des deutschen Winterwetters 2018/2019 bekannt. Für die Monate Dezember bis Februar lagen die Durchschnittstemperaturen um 2,6 Grad höher als der Durchschnittswert des offiziellen Vergleichszeitraums von 1961 bis 1990.
Meldung vom 2/3. März in der Süddeutschen Zeitung:
Unter der Überschrift „Flug und Segen“: Der Flugverkehr verursacht knapp fünf Prozent der Treibhausgase, deutlich mehr als noch vor wenigen Jahren. Zugleich ist der Flugverkehr weitgehend von Umsatz- und Kerosinsteuern befreit. Allein in Deutschland wird der Sektor so mit zehn Milliarden Euro pro Jahr subventioniert. Die Zahl der Flugreisenden ist seit Anfang der 1970er Jahre von unter 500 Millionen auf fast 4.000 Millionen Personen im Jahre 2017 angestiegen.
Meldung vom 6. März 2019 in der Süddeutschen Zeitung:
Vor allem unter Umweltschutzaspekten sind Kreuzfahrtschiffe ein schwimmendes Desaster: Ein einziges Schiff bläst jeden Tag so viel Dreck in die Luft wie 400.000 Pkws, mindestens. Wir Deutsche sind nach Amerikanern und Chinesen die weltweit fleißigsten Kreuzfahrer. Im Jahre 2018 checkten 2,23 Millionen Deutsche auf Kreuzfahrtschiffen ein.
Wenn die Weltbevölkerung so leben würde wie die Deutschen bräuchten wir 3,3 Erden. – National Footprint Accounts 2018 edition (Datenjahr 2014)
Forderungen, die Zorn, Verärgerung, Belastungen auslösen oder unseren Wohlstand gefährden, werden nicht Realität und lehne ich ab. – Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur
Klimawandel II
Auch die politische Debatte wird immer hitziger. Befeuert nicht zuletzt durch die protestierenden SchülerInnen, die seit Wochen in vielen Ländern dieser Welt auf die Straße gehen, um für eine nachhaltige Umwelt- und Klimapolitik zu demonstrieren. Die „Anführerin“ dieser Bewegung ist Greta Thunberg, eine Sechzehnjährige aus Schweden, die in ihren Reden deutliche und anklagende Worte findet: „Wir sind sauer, weil die ältere Generation uns die Zukunft stiehlt.“ Die angesprochene Generation reagiert wiederum sehr unterschiedlich. Mit Jubel, beschwichtigend oder mit verbaler Attacke. Vor allem Letztere wird immer heftiger.
Meldung vom 19. Januar 2019 auf n-tv Online:
Zu den ständig steigenden Emissionswerten durch den Autoverkehr meinte Verkehrsminister Scheuer: „Wir wollen die Bürger von den Chancen der Mobilität der Zukunft begeistern und mitreißen. Forderungen, die Zorn, Verärgerung, Belastungen auslösen oder unseren Wohlstand gefährden, werden nicht Realität und lehne ich ab.“
Meldung vom 27. Januar 2019 in der FAZ:
Ende Januar nannte Verkehrsminister Scheuer Überlegungen einer Klima-Arbeitsgruppe der Bundesregierung bzgl. eines Tempolimits von 130 km/h auf Autobahnen „gegen jeden Menschenverstand“. „Wer 120 fahren will, kann 120 fahren. Wer schneller fahren möchte, darf das auch. Was soll der Ansatz der ständigen Gängelung?“ Parteifreund Söder aus München meinte: „Das Tempolimit ist eine typisch ideologische Verbotsdiskussion aus der grünen Mottenkiste“ und Kramp-Karrenbauer nannte die Diskussion „eine reine Phantomdebatte.“
Meldung vom 9. Februar 2019 auf Twitter:
Paul Ziemiak, Generalskretär der CDU schreibt: „Greta findet deutschen Kohlekompromiss „absurd“ – Oh man …kein Wort von Arbeitsplätzen, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit. Nur pure Ideologie. Arme Greta“.
Meldung vom 25. Februar 2019 in der Süddeutschen Zeitung:
Die Überschrift des Artikels lautete „Diktatur der Gletscher“. Thema war das neue Klimagesetz der Umweltministerin Svenja Schulze. Der Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer (CDU) nannte es „Klimaplanwirtschaft“. Noch heftiger reagierte sein Parteikollege Lämmel, der sagte, dass die Ostdeutschen die Diktatur der Arbeiterklasse überwunden hätten, nur um jetzt eine Diktatur des Klimagesetzes zu bekommen.
Meldung am 2. März 2019 in der Süddeutschen Zeitung:
Der Bundesfinanzhof entzieht ATTAC die Gemeinnützigkeit. Dazu äußert sich Heribert Prantl: „Der entscheidende Satz des Anti-Attac-Urteils [...] lautet: Wer politische Zwecke durch Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung verfolgt, erfüllt keinen gemeinnützigen Zweck […]. In diesem Satz steckt (nämlich) eine vordemokratische Botschaft: Politisches Engagement […] ist angeblich weniger relevant für Gemeinnutz und Gemeinwohl als das Werkeln in einem Verein für Modellflug, Amateurfunk, Kleingärtnerei oder Hundesport“
Meldung 6. März 2019 vom Greenpeace Magazin Online:
Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen hat Schülerdemonstrationen für den Klimaschutz scharf kritisiert. „Was da geschieht, ist politischer Kindesmissbrauch“, sagte der Europaabgeordnete am politischen Aschermittwoch in Karlsruhe zu der von der schwedischen Schülerin Greta Thunberg angestoßenen Bewegung. „Plötzlich finden alle das Schulschwänzen toll.“ Die jungen Leute glaubten tatsächlich, dass die Welt am Ende sei, wenn die Dekarbonisierung nicht innerhalb von 20 Jahren gelinge, sagte Meuthen.
Meldung vom 10. März 2019 auf Spiegel Online:
FDP-Chef Christian Lindner kritisiert die Schüleraktionen. „Ich bin für Realitätssinn. Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis“, sagte Lindner. Er plädiert dafür, die Proteste in die Freizeit zu verlegen. Die Überheblichkeit der Politiker und die Bereitschaft von Juristen, den gesellschaftlichen Widerstand bestenfalls schon im Keim zu ersticken, ist bedrückend. Seit 1979, also seit 40 Jahren, hat es insgesamt 24 UN-Klimakonferenzen gegeben. Besetzt mit Politikern aus vielen verschiedenen Ländern. Angesichts der heutigen Lage muss man konstatieren: Profis mit ausreichend Realitätssinn waren da nicht am Werk. Getrieben von nationaler Gier und Eigennutz war es offensichtlich nicht möglich, sich auf einen nachhaltigen Konsum zu verständigen. Die „erste Welt“ trieb das Wachstum voran, die „Dritte Welt“ konnte sich aus der Rolle des Rohstofflieferanten und der billigen globalen Werkbank nie wirklich befreien. Und wir wissen schon seit Jahren, dass diese Länder auch noch die Zeche unseres Wirtschaftswachstums bezahlen werden, da sie überproportional an den Folgen des Klimawandels leiden werden. Wir Deutschen bräuchten die Ressourcen von zwei Erden, um unseren Konsumwahn zu stillen, die Nordamerikaner sogar deren drei. Meine Hoffnung ist, dass sich die jungen ProtestiererInnen nicht mehr ausbremsen lassen. Dass sie sich weigern, die Schulordnungen einzuhalten und brav auf den Schulhöfen ihre Protest-Runden drehen. Ich wünsche mir, dass sie mutig genug sind, einen Konflikt mit den Schulleitungen nicht zu scheuen. Es geht um ihre Zukunft und wir Eltern haben nachdrücklich bewiesen, dass uns die nicht wirklich interessiert. Aber ich vermute, dass es die Eltern sein werden, die die Sache „lösen“. Sie werden ihren Sprösslingen schon klar machen, dass sie es dann auch mal gut sein lassen sollen mit dem Protest. Nicht, dass sich das Ganze noch zu schulischen Nachteilen für die Kleinen auswächst. Zusammenfassen ließe sich das so, wie es in der Süddeutschen Zeitung am 06. März 2019 unter dem Titel „Jubel ohne Folgen“ stand: „Wirkungsvoller, aber anstrengender wäre es, wenn die Eltern ihr Konsumverhalten änderten und selbst auf die Straße gingen gegen einen Klimawandel, den sie mit der Nutzung von Plastik, SUVs und Urlaubsflügen mitverantworten. Demos in der Arbeitszeit, bei vollem Lohnausfall, das wäre politisch eindeutig. […] Der folgenfreie Jubel über die Schülerproteste ist die Kapitulationserklärung des Politischen, moralisch vorbildlich und doch nur Lückenbüßer für politisches Handeln […]. Die Schüler werden von Politikern, Lehrern und Eltern hintergangen.“